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Maibaumaufstellen in Kottingwörth einst und heute
Der "Moier" und die "Moierin" eröffneteneinst den Tanz um den Maibaum

    

Maibäume, d. h. bis auf die Wipfel entastete, geschmückte und in die Erde gerammte Bäume, werden bereits zu Anfang des 16. Jahrhunderts in Franken erwähnt. Das Maibaumaufstellen ist in Bayern ein uralter Brauch, auch in Kottingwörth hat er eine lange Tradition. Berichte älterer Einwohner und alte Fotos erzählen davon. Dabei ist nach dem II. Weltkrieg einiges verloren gegangen, wie schon einmal in einem Zeitungsbericht, aus dem die beiden unteren Fotos stammen, festgestellt wurde.
          
"Der 1. Mai war einst ein Freudentag für das ganze Dorf", erinnert sich eine Kottingwörtherin an ihre Jugendjahre. Sie denkt oft an die Zeit zurück, als sie als "Moierin" in Oberpfälzer Tracht an der Seite eines Burschen den Tanz um den Maibaum eröffnen durfte.
Der "Moier" und die "Moierin" standen während des ganzen Tages im Blickpunkt. Die Maifeier des gesamten Dorfes mit dem Tanz um den geschmückten, bereits am Tag zuvor aufgestellten Stamm beherrschte den ersten Tag im Wonnemonat Mai, wie auch die beiden Fotos erkennen lassen.


Doch der Reihe nach:
Schon Tage davor suchten die Burschen des Dorfes einen passenden Maibaum aus. Meist in der Nacht wurde der Baumriese gefällt und "heimlich" an einen möglichst sicheren, versteckten Ort transportiert. Die mit Eisenreifen beschlagenen Wagenräder umwickelte man mit Säcken, damit bei der Fahrt auf den geschotterten Dorfstraßen kein Lärm entstand.

 

Warum? Nun, der Maibaum wurde traditionsgemäß von den Dorfburschen aus dem Gemeinde- oder Pfarrholz "gestohlen", und dabei durfte man sich nicht erwischen lassen. Bereits am 30. April schmückten die Frauen und Mädchen den nicht entrindeten Baum mit langen bunten Papierbändern und drei aus Fichtenzweigen gebundenen Kränzen.
Am späten Nachmittag wurde er dann nach der Arbeitszeit von kräftigen Männern und Burschen mit an einem Ende zusammengebundenen langen Stangen, sog. Goaßen", aufgestellt - wie auch heute noch.
Beim Wirt trank man dann noch ein paar Biere auf die erfolgreich ausgeführte Arbeit. Die eigentliche Feier mit Tanz fand aber erst am 1. Mai statt.
Die "Moierin" und der "Moier" waren schon zuvor auserkoren worden. Dafür gab es einen ganz bestimmten Ritus: "Moier" und "Moierin" unter den jungen Burschen und Mädels wurden die, welche am meisten Geld spendeten, was zur damaligen Zeit sehr knapp war, zumal auch bei den nicht mehr schulpflichtigen, jungen Leuten. Einige von ihnen gingen nämlich zu den Familien, in denen ebensolche möglichen Kandidaten bzw. Kandidatinnen wohnten, und sammelten von diesen freiwillige Spenden ein.
Die Beträge wurden auf einer geheimen Liste vermerkt, und die am meisten gespendet hatten, waren der "Moier" und die "Moierin".
Keine schlechte Idee, denn mit diesem Geld und mit dem Ertrag aus der Versteigerung oder dem Verkauf des umgelegten alten Maibaums war für das nötige Freibier gesorgt.

 

So mancher hatte hier seinen einzigen "Rausch" im ganzen Jahr, weil er ansonsten gar nicht das Geld für so viel Bier aufbringen konnte.
Nach dem Mittagessen, so gegen 14 Uhr, zog der "Moier" in Begleitung der Burschen des Dorfes und zweier Musikanten zum Elternhaus der "Moierin" und zu den Wohnungen der anderen Mädchen. Sie hatten volle Maßkrüge dabei und jeder ließ seine

Begleiterin daraus trinken. Nach der Abholung marschierten Jung und Alt in einem Festzug durch das Dorf und schließlich zum "Moierbigl" gegenüber dem Treffer-Stadl, wo nach einer politischen Rede der "Moier" und die "Moierin" den Tanz um den Maibaum mit einem Walzer eröffnen durften. Gemeinsam feierte man bis in die Abendstunden. Für die Kinder wurden Spiele organisiert, z. B. Wurst- und Brezelnschnappen. Mit Blumen bekränzte Schulmädchen trugen bei der Feier Frühlingsgedichte vor, die der Dorflehrer ausgesucht hatte.

Der 1. Mai endete bei zünftiger Musik im Tanzsaal beim Maurerwirt, dem heutigen Gasthaus zur Sonne, wo die Erwachsenen bis nach Mitternacht das Tanzbein schwangen. So manche Liebschaften wurden dabei angebandelt, aber immer wieder kam es auch zu einer deftigen Rauferei, wie man sich schmunzelnd erinnert.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde kein Maibaum aufgestellt. Zum einen war wohl den meisten nicht gerade zum Feiern zumute, zum andern hatten viele junge Burschen und Männer in den Krieg ziehen müssen.

 

Nach 1945...Maibaumaufstellen Teil 2