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Bürgerinitiative in Kottingwörth gegen die Juraleitung P53 gegründet

Rund 65 Frauen und Männer aus Kottingwörth, Amtmannsdorf, Grögling, Leising und vom Eichlhof konnte Ortssprecherin und Stadträtin  Brigitte Frauenknecht am Donnerstagabend bei der zweiten Kottingwörther Ortsversammlung anlässlich des geplanten Baus der Jurastromtrasse P53 im Forster-Saal begrüßen. Darunter befanden sich auch Stadtrat Johannes Regnath und Nikolaus Aurbach, der stellvertretende Sprecher der Bürgerinitiative Pollanten, die am 21. Juli gegründet worden ist. Nach einem regen Gedankenaustausch wurde am Ende der Versammlung auch in Kottingwörth eine Bürgerinitiative gegründet. 51 der anwesenden Frauen und Männer traten ihr spontan bei. Zudem bildete sich ein zehn Mitglieder umfassendes Führungsgremium mit Oliver Hetzel als Sprecher.

Die neue BI will nicht nur eine Trassenführung über den Arzberg verhindern, sondern die Juratrasse P53 wie die BI Pollanten und einige weitere in der Großregion grundsätzlich verhindern. „Wenn wir die Trasse nicht wollen, dürfen wir uns nicht auf die Sandkastenspiele der Tennet einlassen und einander die Trassen zuschieben“, so Brigitte Frauenknechts Überzeugung. Dieser Meinung war auch Oliver Hetzel, der zusammen mit der Ortsprecherin die Versammlung moderierte: „Wir brauchen die Leitung nicht, das Geld muss sinnvoller verwendet werden.“ Dieser Ansicht schlossen sich am Ende die meisten Versammlungsteilnehmer an.

Ortssprecherin Brigitte Frauenknecht umriss zu Beginn die Thematik des Abends. Nachdem bei der ersten Ortsversammlung am 1. Juli und beim Dorffest bereits viele Informationen mit breiter Resonanz vermittelt worden seien, gehe es heute darum, festzulegen, wie es weitergehen solle. Sollte dennoch Informationsbedarf bestehen, könne man sich zum Beispiel im Internet beim Bayernatlas über Schutzkategorien auf dem Arzberg (Landschafts- und Vogelschutzgebiet, Hangrutschrisiko- und FFH-Gebiet etc.) informieren. Weitere Argumente seien auf der Kottingwörther Homepage ausgeführt.

Oliver Hetzel ging trotzdem noch einmal kurz auf einige zu erwartende Fakten zur Juraleitung P53 ein: zum Beispiel 55 bis 75 Meter hohe, stellenweise auch bis zu 90 Meter hohe Strommasten (Arzberghöhe 110 m) mit 35 Meter Auslegerbreite, davon drei oder vier im Tal, eine ca. 130 m breite Schneise im Wald, ausgreifende Fundamente für die Riesenmasten, teilweise auf verkarstetem Felsboden. Dabei handle es sich um eine reine Durchleitung, die unserer Region  keinen zusätzlichen Strom bringe. Sie bringe nicht nur eine katastrophale Verschandelung unseres Altmühltales, sondern auch unabwägbare Gesundheitsrisiken. Den Nutzen hätten Finanzinvestoren, die Kosten von rund 60 Milliarden Euro für den Trassenausbau dürfe mal wieder der „kleine Mann“ über den Strompreis zahlen. In Wirklichkeit gehe es um Rendite: „Wir brauchen diese Leitung nicht!“ Stattdessen wurde auf neue Speichertechnologien wie „power to gas“ und andere verwiesen. Das Gasnetz sei in Deutschland mit 500 000 km dichter als das Stromnetz. Die teilweise angedachte Erdverkabelung sei bei uns kaum möglich und außerdem gebe es bisher nur Versuchsanlagen, durch die noch kein Strom geflossen sei. Außerdem verursache auch sie Schneisen durch die Landschaft.

Auch Nikolaus Aurbach unterstützte diese Argumentationslinie: „Die Versorgungssicherheit ist auch mit regionaler, regenerativ erzeugter Energie herstellbar. Viel mehr Gelder müssen in die Erforschung und Entwicklung von Speichertechnologien investiert werden.“ Dieser Meinung sei auch Josef Hasler, Vorstandschef der N-ERGIE, des Stromversorgers für den Großraum Nürnberg. Der Mann wisse, wovon er spricht.

Johannes Regnath war anderer Ansicht. Er verwies auf den Netzentwicklungsplan von 2012, der Teil des Bundesbedarfsplans sei, als gesetzlicher Grundlage. Hier seien die Rahmenrichtlinien festgelegt worden, unter anderem der künftige Strombedarf in Bayern. In 10 Jahren müsse mehr Strom aus dem Norden importiert werden. Die gegenwärtige Netzstruktur reiche dafür und für den geplanten Anteil von 70 Prozent regenerativer Energie nicht aus. Er sei auch gegen die von Dietfurt vorgeschlagene Variante über den Arzberg, aber nicht für eine Fundamentalopposition, denn ein Leitungsausbau werde gebraucht und die Politik werde diese Entscheidung nicht zurücknehmen. Er sei dafür, wie von Bürgermeister Anetsberger angestrebt, eine gemeinsame Lösung der Gemeinden Beilngries, Dietfurt und Berching für die Trassenführung zu suchen, keinesfalls über den Arzberg nahe Kottingwörth.

Darauf folgte die Frage eines Versammlungsteilnehmers, was das Vorhaben des Beilngrieser Bürgermeisters denn bisher gebracht habe. Es wurde gefordert, dass auch Beilngries und Dietfurt – wie Berching – die Juraleitung grundsätzlich ablehnen. Die Tennet habe ihre Absicht erreicht, die Gemeinden auseinanderzudividieren und gegeneinander auszuspielen. Oliver Hetzel war der Meinung: „Wenn die Politiker die Zusammenarbeit nicht schaffen, dann müssen eben die Bürgerinitiativen mit einer gemeinsamen Zielsetzung möglichst großen öffentlichen Druck ausüben.“

Beleuchtet wurde auch die Rolle der Tennet, einer staatseigenen niederländischen Holding, die mit dem Netzausbau, hier der Juraleitung P53, beauftragt sei. Ihr gehe es nur um die Rendite von aktuell 6,91 Prozent aus dem Netzausbau. Brigitte Frauenknecht meinte, es werde zwar die Losung ausgegeben „Wir nehmen die Bürger mit“, aber sie habe durch Zufall erfahren, dass vorgestern in Leising eine Info-Veranstaltung der Tennet mit Fachverbänden stattgefunden habe. „Da weiß aber niemand was!“ Sie wisse auch von einer anderen Veranstaltung, wo keine Presse zugelassen worden sei. Schon Dörte Hamann, die Sprecherin mehrerer Bürgerinitiativen, habe kürzlich bei einer Info-Veranstaltung in Mallerstetten die Strategie der Tennet aufgezeigt, die Zusammenarbeit der Bürgerinitiativen gezielt zu behindern. Das Misstrauen im Saal gegenüber der Tennet war offensichtlich.

Mehrere Versammlungsteilnehmer folgerten, dass man weniger die mit dem Leitungsausbau beauftragte Tennet, als vielmehr die Politiker, die den Auftrag gegeben hätten und am Schluss die Entscheidungen über die Trassenführungen beziehungsweise den Trassenausbau überhaupt treffen, unter Druck setzen müsse, im Bund, im Land und in den Kommunen. Schließlich seien nächstes Jahr Kommunalwahlen! Brigitte Frauenknecht ergänzte: „Als der Bundesbedarfsplan beschlossen wurde, war die Juraleitung gar nicht enthalten. Sie wurde nachträglich aufgenommen. Was man nachträglich aufgenommen hat, kann auch nachträglich wieder zurückgenommen werden. Die P44 und P44 mod ist schließlich nach dem entschlossenen Protest von Bürgerinitiativen  auch wieder herausgenommen wurden.“

Dazu brauche es jedoch eine möglichst große Bewegung. Oliver Hetzel zeigte sich entschlossen, „laut zu werden“, sich an Aktionen anderer Bürgerinitiativen zu beteiligen und eigene zu starten. „Es geht schließlich um die Zukunft unserer Kinder“. Die negativen Auswirkungen von Magnetfeldern auf die Gesundheit seien zu wenig erforscht, die in Deutschland zulässigen Grenzwerte im europäischen Vergleich am höchsten. Im Zweifel müsse die Gesundheit absolut im Vordergrund stehen.

Nach den Worten ihres Sprechers Oliver Hetzel werde die neue Kottingwörther Bürgerinitiative als erstes Kontakt mit der Dietfurter Initiative mit der gleichen Zielsetzung aufnehmen, sich an die Stadt Beilngries wenden und mit Aktionen den Widerstand gegen die Juratrasse sichtbar in die Öffentlichkeit tragen. Er bat darum, das Führungsgremium mit Ideen und aktiver Beteiligung zu unterstützen. Auch finanzielle Zuwendung sei sehr willkommen, denn die Aktionen würden auch etwas kosten. Wer der Bürgerinitiative noch beitreten wolle, der sei natürlich willkommen und solle sich an ihn wenden, auch unter seiner E-Mail-Adresse Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Je mehr Mitglieder die Interessengemeinschaft habe, desto überzeugender könne sie ihre Zielsetzung, die Juratrasse grundsätzlich zu verhindern, vertreten. Demnächst werde die BI auch auf der Kottingwörther Homepage präsent sein.